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Der Tag zu Schmalkalden, 1537.

Du lässt mich erfahren viele und große Angst und machst mich wieder lebendig und holst mich wieder aus der Tiefe der Erde herauf.

Psalm 71,20

Ein Konzil zur Abstellung der kirchlichen Missstände wollte der Kaiser, hatte er den evangelischen Ständen versprochen. Aber nicht so bereit war der Papst in Rom. Der fürchtete um seine Herrschaft und um seine Geldeinkünfte und versuchte ständig das Konzil hinauszuzögern. Endlich schien der neue Papst Paul III. (1534-1549) Ernst machen zu wollen. Sein später zur Reformation übergetretener Legat Vergerius1 musste Deutschland bereisen, um darüber zu verhandeln, und war (1535) auch bei Luther in Wittenberg, der ihm gegenüber „den ganzen Luther herauskehrte“, wie er selbst sagt. 1537 sollte dann das Konzil in Mantua stattfinden, „zur Austilgung der lutherischen Pest“, wie der Papst sich verheißungsvoll ausdrückte. Die evangelischen Stände kamen darum 1537 in Schmalkalden zusammen, um sich über die Teilnahme am Konzil zu verständigen. Luther hatte dazu Artikel der Lehre zusammengestellt und klar und scharf die Punkte bezeichnet, wo man nicht nachgeben und wo man auf dem Konzil noch mit dem Gegner sich in Verhandlungen einlassen könnte. Als den ersten und Hauptartikel, „von dem man nichts weichen oder nachgeben könne, es falle Himmel und Erden und was nicht bleiben wolle“, stellt er die Rechtfertigung durch den Glauben allein voran und erklärt dann gleich im zweiten Artikel die päpstliche Messe „für den größten und schrecklichsten Gräuel, als die stracks und gewaltiglich wider diesen Hauptartikel strebe“. Diese Artikel sind unter dem Namen „Schmalkaldische Artikel“ noch heute eine Bekenntnisschrift der evangelisch-lutherischen Kirche. Übrigens beschlossen die Stände an dem Konzil nicht teilzunehmen, das ohnehin nicht zu Stande kam.

In Luthers Leben ist die Reise nach Schmalkalden bedeutsam, weil er durch sein Steinleiden, das ihn schon einige Wochen vorher gequält hatte, an den Rand des Grabes gebracht wurde. Nachdem er am 7. Februar 1537 in Schmalkalden angekommen war und es ihm einige Tage einigermaßen gut ging, auch mehrere Male gepredigt hatte, wurde er nach der Predigt am Sonntag Invokavit (1. Sonntag der Passionszeit) sterbenskrank. Eine ganze Woche lang litt er an Harnzwang. Sein Leib schwoll an, er konnte weder essen noch trinken, ohne es wieder von sich zu geben. Ohne Furcht, in festem Glauben sah er dem scheinbar gewissen Tod entgegen. „Ich sterbe als ein Feind deiner Feinde“, sprach er zu seinem Gott, „als ein Fluch und Verbannter des Papstes, auf das dein Feind wieder sterbe in deinem Bann“. Seinen Kurfürst, der meinte, Gott werde mit ihm sein liebes Wort auch wieder wegnehmen, tröstete er, es gebe auch außer ihm viele gute evangelische Männer, und Gott werde Seine Sache schon fortführen. Tiefbewegt versprach ihm dieser, seine Frau und seine Kinder als seine eigenen zu achten. Zu dem weinenden Melanchthon sprach er: „Haben wir Gutes empfangen und sollten das Böse nicht auch hinnehmen?“ (Hiob 2,10). Er hatte so fürchterliche Schmerzen, dass er fürchtete wahnsinnig zu werden, wobei er sich tröstete, dass er doch seinem Gott klug und Christus seine Weisheit bleibe. Als der Harnzwang acht Tage gedauert hatte, begehrte Luther von Schmalkalden fortgebracht zu werden, weil er wenigstens in seines Kurfürsten Land sterben wollte. Man tat nach seinem Willen und machte sich mit ihm am 26. Februar in einem kurfürstlichen Wagen auf den Weg von Schmalkalden nach Gotha. Seine Freunde Spalatin, Bugenhagen und Myconius begleiteten ihn. Am ersten Tag fuhr man nur vier Stunden bis Tambach, weil die Erschütterungen des Fahrens ihm erst heftige Schmerzen machten. Aber hier war sein „Pniel“ (1. Mose 32,30-32), wo er des Herrn Hilfe erfuhr. In der Nacht bekam er Erleichterung, und die Harngänge öffneten sich wieder. Ein Bote eilte sofort nach Schmalkalden und lief mit den Worten: „Vivit Lutherus, vivit Lutherus! Gott Lob und Dank! Lutherus lebt, ist frisch und gesund!“ durch die Straßen. Aber in Gotha verschlimmerte sich der Zustand des Leidenden wieder, und es schien doch nun sein Ende zu kommen. Da sagte er noch zu Bugenhagen: „Ich weiß, Gott sei gelobt, dass ich recht getan, dass ich das Papsttum gestürmt habe mit Gottes Wort, denn es ist Gottes, Christi und des Evangelii Lästerung“, beichtete mehrere Male und empfing die Absolution, ließ Frau und Kinder, wie auch die Wittenberger Prediger herzlich grüßen und ergab sich in Gottes Willen. Aber es war noch nicht Gottes Wille ihn abzuberufen. Es gingen nach und nach sechs Steine von ihm, und nach einer langsamen Reise kam er am 14. März, wenn auch schwach, doch als ein Genesener wieder in Wittenberg an. Viele, Fürsten und Völker hatten an dieser Krankheit Anteil genommen. Denn Luther war unter seinem deutschen Volk geehrt und geliebt als Lehrer und Vorbild, nach dem alle schauten und auf dessen Stimme sie hörten. Das soll nun noch der folgende Abschnitt näher beleuchten.

 


Inhalt

Wie Martin Luther von Gott zum Reformator der Kirche vorbereitet wurde.
Elternhaus. Geburt. Jugenderziehung.
Eintritt in das Kloster in Erfurt.
Durchbruch zur evangelischen Heilserkenntnis und Übersiedlung nach Wittenberg.
Reise nach Rom. 1511.
Wie Martin Luther das Werk der Reformation begann.
Der Ablass. Tetzel. Die 95 Thesen.
Römische Nachstellungen. Cajetan. Miltitz.
Drei Zeugnisse vom Evangelium gegen Rom.
Im Bann des Papstes.
Der Reichstag zu Worms.
Wie Martin Luther die Reformation der Kirche in den rechten Bahnen erhielt und weiterführte.
Auf der Wartburg.
Die Schwärmer in Wittenberg und der Aufstand der Bauern.
Luther tritt in die Ehe ein.
Der Reichstag in Augsburg (1530) und Luther auf der Coburg.
Der Tag zu Schmalkalden, 1537.
Martin Luther als Lehrer und Vorbild.
Luther, der treue Untertan weltlicher Obrigkeit.
Luther, der Bibelübersetzer und Volksschriftsteller.
Luther, der Sänger und Liederdichter.
Luther, der Freund der Schule.
Luther, der Hausvater und Christ in Freud und Leid.
Wie Martin Luther selig in dem Herrn heim ging.

Anmerkungen

  1. Pietro Paolo Vergerio (1498-1565) war zuerst römisch-katholischer Bischof und später ein lutherischer Theologe italienischer Herkunft und Reformator. Vgl. de.wikipedia.org/wiki/Pietro_Paolo_Vergerio

Quelle

Ernst Haack (1883)
Dr. Martin Luthers Leben und Wirken.
Motto: Gottes Wort und Luthers Lehr‘ vergehen nun und nimmermehr. Eine Preisschrift, gekrönt und herausgegeben zum 10. November 1883, dem 400 jährigen Geburtstag des großen Reformators, vom Evangelischen Preßverein in Schlesien.
Breslau, 1883. In Commission bei C. Dülfer

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