.info > Reformation > Dr. Martin Luther - Sein Leben und Wirken

Luther, der Sänger und Liederdichter.

Redet untereinander in Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern.

Epheser 5,19

Waren die Bibelübersetzung und die deutschen Volksschriften gewaltige Hebel zur Verbreitung der Reformation in Deutschland, so haben hierzu auch vor allem Luthers Kirchenlieder beigetragen. Das sangesfreudige Volk hatte an den Liedern vom Evangelium, die Luther und nach ihm andere evangelische Männer dichteten, seine besondere Freude. An mehr als einem Ort stimmte die Gemeinde sie, den katholischen Priestern zum Trotz, in der Kirche an und sang sie so lange, bis jene das Gotteshaus verließen. So wurden diese Lieder, die auf fliegenden Blättern gedruckt in die Hände des Volkes kamen, an manchen Orten die Ursache zur Einführung der Reformation. Luther und seiner Reformation verdankt es die christliche Gemeinde, dass sie nicht mehr nur eine mundtote Zuschauerin unverständlicher Zeremonien ist, in lateinischer Sprache gehaltenen Messe, sondern im Gottesdienst freudig selbst den Mund auftun darf in geistlichen Liedern zum Lob Gottes. Wer die heilige Macht kennt, die in unseren Kirchenliedern ruht, von denen wir jetzt einen so reichen Schatz haben, wer sich erfreut an dem Klang eines vollen Gemeindegesangs, der wird Gott danken, dass er unserem Reformator nicht bloß die Gabe der Rede, sondern auch des Gesangs verliehen hat. Diese Gabe schlummerte in ihm während der ersten Zeit seines Wirkens, obwohl er von Jugend auf ein Liebhaber der Musik war. Der Schmerz und der Zorn über die Verbrennung der beiden ersten lutherischen Märtyrer, Heinrich Boes und Johann Esch, die am 1. Juli 1523 in Brüssel den Zeugentod für das Evangelium starben und denen später die katholische Kirche noch so manche Blutzeugen hinzugefügt hat, ließen aus Luthers Seele das erste Lied entstehen, das 1523 auf einem fliegenden Blatt erschien. So war auch hier das Blut der Märtyrer der Same eines neuen, frischen Lebens.

Ein Lied wir heben an,
Das walt‘ Gott unser Herre,
Zu singen, was Gott hat getan
Zu seinem Lob und Ehre:
Zu Brüssel, in dem Niederland,
Wohl durch zween junge Knaben
Hat er sein‘ Wunder macht bekannt,
Die er mit seinen Gaben
So reichlich hat gezieret;

so beginnt Luther und erzählt den standhaften Tod der beiden Jünglinge, die sich weder durch Drohen, noch durch Locken vom Evangelium abwenden ließen:

Sie sungen süß, sie sungen sau’r,
Versuchten manche Listen:
Die Knaben stunden wie ein‘ Mau’r,
Veracht’ten die Sophisten;

erzählt, wie ihre Feinde bestürzt geworden sind über ihr glaubensvolles Ende und den Eindruck ihres Zeugentodes noch durch elende Lügen abschwächen wollten, und schließt:

Die lass man lügen immerhin,
Sie heben’s keinen Frommen.
Wir sollen danken Gott darin,
Sein Wort ist wiederkommen.
Der Sommer ist hart vor der Tür,
Der Winter ist vergangen,
Die zarten Blümlein geh’n herfür:
Der das hat angefangen,
Der wird es auch vollenden.

Diesem Lied folgte zunächst das bereits erwähnte: „Nun freut euch, lieben Christen, g’mein“, in dem Luther schildert, wie er von den Schrecken des Gesetzes zum Frieden des Evangeliums hindurchgedrungen ist. 1524 erschien dann das erste deutsche Gesangbüchlein, das allerdings erst 8 Lieder, darunter 4 von Luther enthielt, außer dem eben angeführten wahrscheinlich noch: „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“, „Ach Gott vom Himmel, sieh darein“ und „Es spricht der Unweise Mund wohl“. In dem 1525 erschienenen „Geistlichen Gesangbüchlein“ waren schon 24 Lutherlieder. Im Ganzen haben wir 37 Lieder von ihm. Sein bekanntestes Lied, zu welchem er nicht bloß den Text, sondern auch die machtvolle Melodie schrieb, ist: „Ein feste Burg ist unser Gott“. Doch ist die Entstehungsgeschichte, die man sich meistens von ihm erzählt, nicht richtig. Wahrscheinlich ist es in dem Leidensjahr 1527 von Luther gedichtet, und nicht auf der Koburg oder sogar schon auf der Reise nach Worms. Da wurde Luther nicht nur durch den Märtyrertod des frommen bayrischen Geistlichen Leonhard Käser betrübt, den die Papisten am 16. August 1527 in Scherding verbrannten, sondern er hatte am 9. Juli einen Krankheitsanfall, der ihn an den Rand des Todes brachte, verbunden mit schweren inneren Anfechtungen, von dem das ganze Jahr über eine große Schwäche bei ihm zurückblieb. In Wittenberg war die Pest ausgebrochen, die ganze Universität war nach Jena übergesiedelt, nur Luther war zurückgeblieben und hatte das ganze Haus voll Kranker. Dazu sah seine Frau ihrer Entbindung entgegen. Er selbst schreibt von dieser Zeit schweren Drucks an einen Freund: „So ist auswendig Streit und inwendig Furcht, und zwar heftig genug; Christus sucht uns heim. Der einzige Trost, den wir der Wut des Satans entgegensetzen, ist, dass wir Gottes Wort haben, die Seele zu retten, wenn er den Leib verschlingt.“ Aus einer solchen Lage heraus hat Luther wohl dies gewaltige „Kampflied“ gesungen, in dessen Text und Melodie sich das felsenfeste, unerschütterliche Gottvertrauen ausspricht. – Derselbe Mann, der hier als ein „Krieger“ Gottes den „Schlachtruf“ gegen Satan erschallen lässt, konnte auch so kindlich für die Kinder dichten und komponieren. So heißt es in seinem schönsten Weihnachtslied: „Vom Himmel hoch da komm‘ ich her“. Gerade um die Erziehung und Unterweisung der Jugend im Evangelium und in der Schulbildung hat er sich besondere Mühe gegeben. Davon ist im folgenden Kapitel die Rede.

 


Inhalt

Wie Martin Luther von Gott zum Reformator der Kirche vorbereitet wurde.
Elternhaus. Geburt. Jugenderziehung.
Eintritt in das Kloster in Erfurt.
Durchbruch zur evangelischen Heilserkenntnis und Übersiedlung nach Wittenberg.
Reise nach Rom. 1511.
Wie Martin Luther das Werk der Reformation begann.
Der Ablass. Tetzel. Die 95 Thesen.
Römische Nachstellungen. Cajetan. Miltitz.
Drei Zeugnisse vom Evangelium gegen Rom.
Im Bann des Papstes.
Der Reichstag zu Worms.
Wie Martin Luther die Reformation der Kirche in den rechten Bahnen erhielt und weiterführte.
Auf der Wartburg.
Die Schwärmer in Wittenberg und der Aufstand der Bauern.
Luther tritt in die Ehe ein.
Der Reichstag in Augsburg (1530) und Luther auf der Coburg.
Der Tag zu Schmalkalden, 1537.
Martin Luther als Lehrer und Vorbild.
Luther, der treue Untertan weltlicher Obrigkeit.
Luther, der Bibelübersetzer und Volksschriftsteller.
Luther, der Sänger und Liederdichter.
Luther, der Freund der Schule.
Luther, der Hausvater und Christ in Freud und Leid.
Wie Martin Luther selig in dem Herrn heim ging.

Quelle

Ernst Haack (1883)
Dr. Martin Luthers Leben und Wirken.
Motto: Gottes Wort und Luthers Lehr‘ vergehen nun und nimmermehr. Eine Preisschrift, gekrönt und herausgegeben zum 10. November 1883, dem 400 jährigen Geburtstag des großen Reformators, vom Evangelischen Preßverein in Schlesien.
Breslau, 1883. In Commission bei C. Dülfer

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