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Dr. Martin Luther - Sein Leben und Wirken

Am 18. Februar 1546 starb der Reformator der Kirche und der Wiederentdecker des Evangeliums Jesu Christi nach einem wechselhaften und arbeitsreichen Leben. In seinem Sterbezimmer fand man nach seinem Tod auf einem Tisch einen Zettel, den er noch am Abend vor seinem Heimgang geschrieben hatte:

Dr. Martin Luther

Dr. Martin Luther
Geboren am 10. November 1483,
gestorben am 18. Februar 1546 in Eisleben

„Den Vergil kann in seinen Bucolicis und Georgicis1 niemand verstehen, er sei denn fünf Jahre Hirte oder Landwirt gewesen; den Cicero in seinen Briefen2 (so stelle ich mir‘s vor) versteht niemand, wenn er nicht zwanzig Jahre in einem hervorragenden Staatswesen sich betätigt hat; die Heilige Schrift meine niemand genügend verschmeckt zu haben, er habe denn hundert Jahre mit den Propheten Kirchen geleitet. Darum ist es etwas ungeheuer Wunderbares um (1.) Johannes den Täufer, (2.) Christus, (3.) die Apostel.3 Du lege nicht Hand an diese göttliche Äneis,4 sondern verehre gebeugt ihre Fußtapfen!
Wir sind Bettler: das ist wahr.“

Alle menschliche Größe ist ein Geheimnis. Über Jahrhunderte hinweg strahlt der magische Glanz so manches Großen der Erde; über das dumpfe Gewimmel der Masse ragen in mythischer Größe die Männer hinaus, die durch eine einmalige, eine unersetzliche Leistung ihrer Zeit die Prägung aufdrückten und die Welt formten.

Gehört nicht auch Dr. Martin Luther zu diesen Großen der Weltgeschichte? Wie hat Luther selbst über seine eigene Größe gedacht, der kurz vor seinem Tod die Worte schrieb: „Wir sind Bettler, das ist wahr“? Er kann von seiner eigenen Größe nicht reden, denn er hat seinen Ruhm allein und ganz in Christus. Seine Berufung gründet sich nicht auf eine geheimnisvolle Notwendigkeit, auf ein Teilhaben an den Plänen des Weltgeistes, innerhalb deren er sich selbst den wirksamsten Platz anweist. Seine Berufung steht und fällt vielmehr mit dem ihm übertragenen Amt eines Doktors der Heiligen Schrift, das ihn zur Schriftauslegung und Wortverkündigung verpflichtet und in dessen hartem, oft schwer genug getragenen Zwang er Gottes Auftrag erkennt. Er ist dabei nur das Werkzeug, das lebenslänglich im Dienst Gottes steht.

Wie könnte Luther, mitten hineingestellt in den gewaltigen Kampf Gottes mit dem Satan, allein gehalten durch die Vollmacht seines Auftrags und die Gnade der Vergebung, von seiner Größe reden? Sein Ruhm wird nie ein menschlicher Ruhm sein, bei dem sich die Menschheit in freiwilliger Huldigung vor einem ihrer Großen beugt, in welchem sie sich selber edler, reiner, größer wiedererkennt; Luthers Dienst verstehen wird man nur da, wo man das Evangelium kennt, und da wird man nicht Luther rühmen, sondern Christus allein.

Der in der Schlosskirche in Wittenberg begrabene Bettler ist zu Asche und Staub geworden. Sein Reichtum, sein Ruhm und seine Ehre aber ist Christus, derselbe Herr, der auch heute zu denen spricht, die Ihm gehören: „Ich bin bei Euch alle Tage, bis an der Welt Ende.“

[Fausel 1966]

 


Inhalt

Wie Martin Luther von Gott zum Reformator der Kirche vorbereitet wurde.
Elternhaus. Geburt. Jugenderziehung.
Eintritt in das Kloster in Erfurt.
Durchbruch zur evangelischen Heilserkenntnis und Übersiedlung nach Wittenberg.
Reise nach Rom. 1511.
Wie Martin Luther das Werk der Reformation begann.
Der Ablass. Tetzel. Die 95 Thesen.
Römische Nachstellungen. Cajetan. Miltitz.
Drei Zeugnisse vom Evangelium gegen Rom.
Im Bann des Papstes.
Der Reichstag zu Worms.
Wie Martin Luther die Reformation der Kirche in den rechten Bahnen erhielt und weiterführte.
Auf der Wartburg.
Die Schwärmer in Wittenberg und der Aufstand der Bauern.
Luther tritt in die Ehe ein.
Der Reichstag in Augsburg (1530) und Luther auf der Coburg.
Der Tag zu Schmalkalden, 1537.
Martin Luther als Lehrer und Vorbild.
Luther, der treue Untertan weltlicher Obrigkeit.
Luther, der Bibelübersetzer und Volksschriftsteller.
Luther, der Sänger und Liederdichter.
Luther, der Freund der Schule.
Luther, der Hausvater und Christ in Freud und Leid.
Wie Martin Luther selig in dem Herrn heim ging.

Dr. Martin Luther
Familie Luther mit Dr. Martin Luther (1483-1546; oben links), Katharina von Bora Martin Luthers Frau (1499-1552; oben rechts), Magdalena Luther, eines von sechs Kindern Luthers (1529–1542; Mitte), Johann und Margarethe Luther, die Eltern Martin Luthers (unten); Bild aus der „13. Dilherr-Bibel“ (1702)

Anmerkungen

  1. Vergilius Maro, 70-19 v.Chr., römischer Hofdichter, der u.a. ein Epos (Äneis), Hirtengedichte (Bucolica) und ein Lehrgedicht über den Landbau (Georgica) schuf. Dante hat in seiner „Göttlichen Komödie“ Vergil zum Führer in der Unterwelt gemacht; daraus geht hervor, wie groß die Nachwirkung des antiken Dichters im Mittelalter war.
  2. M. Tullius Cicero, 106-43 v.Chr.; römischer Redner, Staatsmann und Philosoph, schrieb u.a. „Über die Pflichten“, „Vom höchsten Gut und vom höchsten Übel“, „Über das Wesen der Götter“.
  3. Weil sie in ihrem kurzen Leben zu solcher Klarheit des Schriftverständnisses durchdrangen.
  4. Die „Äneis“ des lateinischen Dichters Vergil (vgl. 1) besingt die Irrfahrten und Kämpfe des Trojaners Äneas, die schließlich zur Gründung des späteren römischen Staatswesens führten. Luther vergleicht die Schrift mit diesem Heldengesang, wohl weil auch sie von mühseligen Wegen und Kämpfen Gottes mit seinem Volk bis zur Stiftung der neutestamentlichen Gemeinde, ja bis zur Heimkehr in Gottes Stadt erzählt.

Quelle

Heinrich Fausel (1966)
D. Martin Luther. Leben und Werk. 1522 bis 1546
Calwer Luther-Ausgabe 12, Siebenstern Taschenbuch Verlag
Seite 311-314

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