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Große Weihnachtsfreude am Heiligen Abend

nach einer Predigt von Pfarrer M. Friedrich Christoph Steinhofer (1752)

Die Gnade unseres neugeborenen Heilandes und Erlösers Jesu Christi sei mit uns allen und durchdringe unsere Herzen mit einer großen, göttlichen und geheiligten Freude. Ein Neugeborener ist der, der erst vor kurzem in die Welt gekommen, und in der menschlichen Natur und Gestalt erschienen ist. Als ein solcher steht Jesus Christus unser Heiland vor unseren Augen.

Nun kann jemand einwenden: Wie kann das sein? Ist denn das nicht schon eine alte Geschichte? Ist Christus nicht schon vor über 2000 Jahren geboren? Wie kann er denn ein neugeborener Heiland genannt werden? Antwort: Die ein kaltes, totes Herz haben, die mit Widerwillen am Wort und mit Finsternis des Unglaubens umnebelt sind, kommt es natürlich so vor; denen ist das Evangelium von der Geburt Jesu Christi etwas Altes; denen scheint es ein abgedroschenes Märchen zu sein, von dem sie schon so oft gehört haben und trotzdem davon keine Kraft empfangen. Aber einem Gläubigen geht es so nicht. Dem ist diese Botschaft „Euch ist heute der Heiland geboren“, etwas Neues, etwas Süßes, etwas Erwünschtes, Liebliches und Angenehmes, dem ist es so teuer, als ob er es noch nie gehört hätte, sondern heute zum ersten Mal hört: Dir, dir ist heute der Heiland geboren. Der eilt zu der glänzenden Krippe Jesu hin, beschaut, ergreift und verehrt den neugeborenen Jesus mit großer Verwunderung und wird von Ihm als einem ganz neuen Heiland durchströmt, durchdrungen und angefüllt mit einer ganz neuen, großen, göttlichen und geheiligten Freude.

Nun das geschehe heute bei allen denen, die das Heil in Jesus Christus lieben. Wir haben uns schon öfter darüber gefreut. Heute aber, heute wollen wir uns aufs Neue über Ihn freuen, wie man sich freut zur Erntezeit und wie man fröhlich ist, wenn man einen Schatz findet. Freuen wollen wir uns mit einer besonderen, einer außerordentlichen Freude.

Lukas 2, 1-14:

Bild: Die Weihnachtskrippe in der Brotvermehrungskirche Tabgha am See Genezareth.

1Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. 2Und diese Schätzung war die allererste und geschah zu der Zeit, da Cyrenius Landpfleger in Syrien war. 3Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt.

4Da machte sich auf auch Joseph aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, 5auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe, die war schwanger. 6Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, da sie gebären sollte. 7Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.

8Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. 9Und siehe, des Herrn Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie, und sie fürchteten sich sehr. 10Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; 11denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. 12Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. 13Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: 14Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.

„Fürchtet euch nicht! siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids“. Diese Worte des himmlischen Botschafters, sind das Zentrum, der Mittelpunkt, der Kern des Evangeliums. Die sollen unsere Herzen anstecken zu einer großen Freude über die Geburt unseres Erlösers und zeigen:

I. dass das Evangelium von der Geburt unseres Erlösers uns die Ursache zu einer sehr großen Freude werden soll.

II. Wer zu dieser großen Freude fähig ist.

So ist die Absicht dieser Predigt, unsere Herzen anzustecken, nicht zu einer geringen, nicht zu einer mittelmäßigen, sondern zu einer äußerst großen Freude über die Geburt unseres Erlösers.

1.) Lasst uns zunächst betrachten, wie das Evangelium von der Geburt unseres Erlösers uns ein Gegenstand zu einer sehr großen Freude werden kann und soll. Der himmlische Abgesandte in unserem Text, der die erste Botschaft davon verkündet bezeugt es selbst „siehe ich verkündige euch große Freude!“ und das ist auch angemessen. Denn je höher, größer und würdiger die Person unseres Erlösers ist, desto größer soll die Freude über ihn sein. In unserem Text werden ihm solche Ehrentitel gegeben die die Hoheit seiner Person zum Ausdruck bringen, denn da wird er nicht nur ein Heiland und Erlöser genannt, dessen Werk darin bestehen soll, den Menschen Heil und Erlösung zu bringen, sondern er wird auch Christus der Gesalbte Gottes genannt, der schon längst verheißene Messias, der gemäß seines dreifachen Amtes als König, Hohepriester und Prophet sich den Menschen offenbaren wird. Er wird sogar der Herr genannt, der einige, wahre, wesentliche Gott, der eingeborene Sohn, der aus dem Schoß des Vaters herabgekommen ist, und der nach seiner tiefsten Erniedrigung wieder erhöht werden wird und einen Namen bekommen soll, der über alle Namen ist, dass in dem Namen Jesus sich beugen sollen alle Knie derer, die im Himmel, auf Erden und unter der Erde sind (Philipper 2, 9-10). Eine so hohe und würdige Person ist uns geschenkt in der Person unseres Erlösers. Er liegt zwar da als ein schwaches Kind, aber er heißt wunderbarer Rat, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Fürst des Friedens (Jesaja 9, 6). Wir sehen ihn zwar hier als ein ohnmächtiges Geschöpf, aber er ist der allmächtige Schöpfer, das selbstständige Wort, durch welches alle Dinge geschaffen sind (Johannes 1, 1-3). Er ist zwar eingeschlossen in den engen Raum einer schlechten Krippe, aber er ist der, den die ganze Welt und auch aller Himmel Himmel nicht fassen können (1. Könige 8, 27). Er liegt zwar an der Brust einer armen Mutter, aber er ist der große Erhalter aller Dinge (Hebräer 1, 3). Darum freuen sich die Gläubigen über ihn und jauchzen „das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns und wir sahen seine Herrlichkeit eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater voller Gnade und Wahrheit(Johannes 1, 14). Und wiederum: Das da von Anfang war, das wir gesehen haben mit unseren Augen und unsere Hände betastet haben, vom Wort des Lebens, das verkündigen wir euch (1. Johannes 1, 1). Und solches schreiben wir euch, dass eure Freude vollkommen sei. Freut man sich über die Geburt eines irdischen Prinzen, macht man Freudenbekundungen, wenn ein Königssohn, ein Fürstenkind geboren wird, wie groß soll dann unsere Freude sein über die Geburt des Königs aller Könige und des Herrn aller Herren.

2.) Je länger man auf die Ankunft dieses Erlösers in der Welt gewartet hat, desto größer soll nun die Freude sein da Er erschienen ist. Der Engel redet in unserem Text von einem Heiland und Erlöser auf den das Volk Israel schon lange vertröstet worden war. Von einem Sohn der von David abstammen soll und den sie in Bethlehem in der Stadt Davids suchen sollen. Was ist deutlicher als, dass er hier abzielt auf die Verheißungen Gottes von diesem Messias, auf die Weissagungen der Propheten von ihm, auf das Verlangen der Väter nach ihm und auf das begierige Warten des Volkes Gottes auf ihn. Was war das für ein sehnsuchtsvolles Warten! Wie wartet man von einem Jahrhundert, von einer Zeit zu der Anderen. Wie seufzt der sterbende Jakob: „Herr, ich warte auf dein Heil(1. Mose 49, 18). Wie fleht der Gläubige David: „Ach, dass die Hilfe aus Zion über Israel käme, und Gott sein gefangenes Volk erlöste, so würde Jakob sich freuen und Israel fröhlich sein!(Psalm 53, 7). Wie steckt nicht gerade zu der Zeit der Geburt Jesu Christi so manches Häuflein gläubiger Seelen hier an einem Ort und dort in einem verborgenen Winkel, die in der Stille auf das Reich Gottes warteten. Da hieß es immer: Er wird kommen. Ach, dass er nur käme. Endlich kam Er. Endlich hieß es: Seht da ist euer Gott! Da ist euer Erlöser, auf den ihr schon bald 4000 Jahre gewartet habt. Da war die Freude überschwänglich. Durch das Warten auf etwas Ersehntes wird das Verlangen geschärft und angefacht und je länger man warten muss, desto größer wird die Freude, wenn das kommt, worauf man gewartet hat. Haben nun so viele tausend Gläubige so lange und so sehnlich und so schmerzlich auf den Erlöser gewartet, haben sie sich hier über seine Ankunft im Fleisch so herzlich, so überschwänglich gefreut und warum sollten wir uns nicht auch mit ihnen freuen mit einer großen überschwänglichen Freude? Wenn wir heute schon 6000 Jahre hätten auf die Ankunft unseres Erlösers warten müssen und wir dürften heute die Botschaft hören: Jetzt ist er geboren. Was wäre das? Wie würden wir uns dann freuen.

3.) Um so größere Anstrengungen der Herr zur Geburt seines Sohnes gemacht hat, desto größer sollte unsere Freude sein, da seine Liebesabsichten nun offenbar geworden sind. Der Geist Gottes zeigt in unserem Text was für große Ereignisse im Himmel und auf Erden geschehen sind bei der Geburt dieses Wunderkindes. Auf Erden musste Kaiser Augustus ohne sein Wissen eine umfassende politische Aktion veranstalten. Er musste ein Gebot ausgeben lassen dass alle Welt geschätzt würde. Er gab den Befehl dass jeder Hausvater des jüdischen Landes, ja des ganzen Römischen Reiches, sich in seine Stadt begeben, die Anzahl, das Alter und die Umstände seiner Familie angeben und ihre Namen aufschreiben lassen sollte. Das war eine große Bewegung. Da lief, da regte und bewegte sich alles. Das geschah nicht ohne göttliche Vorsehung, denn sie fügte es so, dass die jungen werdenden Eltern sich von Galiläa in die weit entfernte Stadt Bethlehem, der Stadt Davids, begeben mussten, wie es der Prophet Micha vorhersagte (Micha 5, 1). Aber nicht nur auf der Erde, sondern auch im Himmel war alles in Bewegung. Da wurde dieser Geburtstag unter allen heiligen Engeln kundgegeben. Da kam die ganze Menge der himmlischen Heerscharen herab, die Geburt des Erlösers der Welt mit Freude zu besingen und mit ihrem „Ehre sei Gott in der Höhe“ die ganze Luft zu erfüllen. Das war eine sichtbare Erfüllung der Prophezeiung Haggais: Es ist noch ein kleines dahin, dass ich Himmel und Erde, das Meer und Trockene bewegen werde. Ja alle Heiden will ich bewegen, da soll dann kommen aller Heiden Trost (Haggai 2, 7-8). Weil nun bei der Geburt unseres Erlösers so große Anstrengungen unternommen wurden und sich Himmel und Erde bewegen mussten; wie können da unsere Herzen unbeweglich bleiben wollen? Da sollte doch unser Innerstes mit einer recht großen und heiligen Freude durchdrungen werden.

4.) Um so größer das Übel ist, von dem wir durch die Geburt unseres Erlösers befreit worden sind, desto größer sollte auch unsere Freude über ihn sein. Der Engel nennt ihn einen Heiland, einen Erlöser. Das setzt zum einen voraus, dass die Menschen es nötig gehabt haben erlöst zu werden. Er setzte zum anderen voraus, dass sie in einer furchtbaren Gefangenschaft saßen aus der sie durch die Hand eines so herrlichen und mächtigen Erlösers befreit werden mussten. Es war in der Tat eine wahre Gefangenschaft, ein großes Elend, eine Sklaverei, in die die Menschen durch den Abfall von Gott geraten sind. Dadurch sind sie in die Sünde gefallen und durch die Sünde in den Zorn Gottes, unter die Gewalt des Teufels, des Todes und der Hölle (Hebräer 2, 15). In diesem Zustand hätten sie durch die Furcht vor dem Tod in ihrem ganzen Leben Knechte sein müssen. Aus dieser finsteren Grube war kein Mensch, kein Engel imstande sie zu erretten. Kein Mensch wäre selig geworden; alles, alles was Sünder heißt, hätte ein Rachopfer der göttlichen Gerechtigkeit und ein Raub des ewigen Todes werden müssen, wenn uns der Sohn Gottes nicht zum Erlöser geschenkt worden wäre. Aber durch die Geburt unseres Erlösers können wir nun wieder anstimmen: Das Heil ist unser aller. Das bezeugt der Apostel Paulus: Nachdem die Kinder Fleisch und Blut an sich haben, ist er es gleichermaßen teilhaftig geworden, dass er uns erlöste (Hebräer 2, 14). Das bezeugt Johannes: Daran ist erschienen die Liebe Gottes gegen uns, dass Gott seinen eingeborenen Sohn gesandt hat in die Welt, dass wir durch ihn leben sollen (1. Johannes 4, 9). Sollten wir uns darüber nicht freuen mit einer recht großen Freude? Wenn ein armer Übeltäter in der ewigen Gefangenschaft hätte sterben sollen und es käme ein Erretter, kündigte ihm Gnade an, öffnete die Türen des Gefängnisses, nehme ihm seine Fesseln ab und spräche: Gehe heraus, du hast Gnade, du sollst los und frei sein. Wie würde er sich freuen, wie würde er vor freudiger Verwunderung fast zu Boden sinken. Freut sich doch ein kranker Mensch, wenn er einen Arzt gefunden hat der ihn von einer langwierigen schmerzhaften Krankheit befreit: Was sollen wir denn heute tun, da wir hören von der Geburt eines Erlösers durch den uns eine ewige Erlösung geschenkt worden ist, eine Erlösung von der Sünde, von dem Zorn Gottes, von der Macht des Teufels, von dem bösen Gewissen, von der Furcht des Todes, von der ewigen Verdammnis. Wer sich da nicht freut, der wird sich niemals wirklich freuen können.

5.) Umso größer und wichtiger die Früchte der Erlösung sind, die durch die Menschwerdung Jesu Christi gekommen sind, desto größer soll unsere Freude sein. Hierauf weisen uns die Engel mit ihrem Lobgesang hin: „Ehre sei Gott in der Höhe, Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen“. Das gibt einen Grund zu unaussprechlicher Freude. Durch den Sündenfall wurde dem höchsten Gott seine Ehre geraubt, durch die Geburt seines Sohnes ist sie ihm wieder hergestellt worden. Darüber sollen wir uns freuen. Ein redlicher Untertan freut sich, wenn die Ehre seines Königs gerettet wird, warum sollen wir uns nicht freuen, dass unser Schöpfer seine Ehre wieder hat, dass die Schande, die wir ihm angetan haben durch unseren Ungehorsam durch den Gehorsam seines Sohnes abgewischt, seine Majestät verherrlicht und seine Gerechtigkeit befriedigt worden ist.

Durch den Sündenfall wurde eine Feindschaft gegen Gott unter allen Menschen angefacht. Daraus entstand ein blutiger Krieg, in dem der Herr seinen Zorn vom Himmel offenbarte über alles böse Wesen der Menschen. Da hätten wir arme Erdenwürmer den Kürzeren ziehen müssen (Römer 1, 18).

Aber durch die Geburt des Friedefürsten ist der Krieg beigelegt und ein großer umfassender Friede geschaffen worden. Gott hat nun wieder ein Wohlgefallen an den Menschen. Sein Zorn ist gestillt, sein Herz ist versöhnt und in lauter Gnade und Liebe zu ihnen herab geneigt. Sie dürfen nun wieder hinauf sehen und der Vater sieht herab. Sie können nun wieder ausrufen mit unbeschämter Freude: Ein Wohlgefallen Gott an uns hat, an Treu und Lieb geht uns nichts ab, bis wir zusammen kommen. Dies verdient eine große Freude.

6.) Umso umfassender das durch Christus erworbene Heil ist, umso größer soll unsere Freude sein. Darum redet der Engel in unserem Text von einer umfassenden Freude. Ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird. Allem Volk, dem ganzen Israel aber auch darüber hinaus allen Menschen ist heute der Heiland geboren, also soll er ihnen eine umfassende Freude bringen. Was Menschen heißt soll und darf sich heute freuen. Denn auf sie zielen die Liebesabsichten Gottes bei der Geburt seines Sohnes ab. Sie alle geht der Erlöser an. Kein einziger ist von dieser Freude ausgenommen. Männer und Frauen, Alte, Junge, Große, Kleine, Arme, Reiche, alle, alle sollen teilnehmen an dieser Freude und wenn ich die Kinder die noch im Mutterleib liegen anreden könnte, so wollte ich Ihnen sagen, sie sollten hüpfen vor Freude, denn auch ihnen ist der Heiland geboren; ein Heiland der unseren Erbfeind bis auf die tiefste Wurzel verfolgt und die ungeborenen Kinder mit Gott versöhnt hat. Wenn man viele einzelne Kohlen zusammenlegt, so kann daraus ein großes Feuer werden. Was müsste dann daraus werden, wenn wir heute unsere Freude über Jesu Geburt auf einen Haufen zusammenbringen könnten. So verdient die Botschaft von der Geburt Jesu Christi eine recht große und umfassende Freude.

II. Wer ist aber zu einer so großen Freude fähig; das sind

Bild: Schafhirten in Nazareth Village, Israel.

1.) Einfältige Seelen. Leute die mit ihrem stolzen Wesen sich in dieses große Geheimnis hineinwagen, die Art und Weise, die Beschaffenheit und Möglichkeit abzumessen und auszuzirkeln versuchen, die sind zu dieser Freude nicht fähig. Leute die in ihrer vermeintlichen Klugheit die Weisheit Gottes meistern und immer nur Fragen wollen: Wie soll das zugehen? Die finden bei der Krippe des neugeborenen Jesu keine Freude. Sie ärgern sich an seiner niedrigen Gestalt und stoßen sich an den verächtlichen Umständen seiner Geburt. Darum ist auch die Botschaft davon nicht zuerst am königlichen Hof des Herodes oder den Hohepriestern, Pharisäern und Schriftgelehrten, sondern den einfältigen Hirten verkündet worden. Die wurden für wert geachtet die ersten Zeugen dieser Wundergeburt zu sein, die freuten sich auch darüber und priesen Gott mit lauter Stimme. Wer nun so einfältig ist, wie diese Hirten gewesen sind; wer das Evangelium von der Geburt und Menschwerdung des Sohnes Gottes so annimmt, wie es ihm gesagt wird, ohne darüber klug daherzureden, zu grübeln und zu kritisieren, dessen Herz kann darüber in eine große Freude versetzt werden, wenn er hört was Gott getan hat, wie er seine Liebe zu dieser Welt geoffenbart hat, wie er in die schlechten Windeln des neugeborenen Jesus alle Seligkeiten hineingewickelt hat, der wird sich darüber freuen können mit einer großen und herzlichen Freude.

2.) Doch gehören dazu bußfertige Seelen. Denn wir hören heute das Evangelium von einem Erlöser, von einem Heiland unserer Seelen, nicht von einem Heiland der uns Silber, Gold, Geld, Gut und irdische Schätze mitgebracht hat, sondern der uns alle Seligkeit mitbringt, dessen vornehmste Geschenke Gnade, Vergebung, Gerechtigkeit und Friede sind. Das sind aber keine Geschenke mit denen unbußfertigen Leuten gedient ist. Die freuen sich nicht darüber. Nur einem bußfertigen Sünder ist damit gedient. Einer der sein geistliches Elend und sündliches Verderben fühlt, einer der sich so als verdammt, verloren und verflucht ansieht, der freut sich wenn er hört: Dir ist heute ein Heiland geboren. Ein Heiland, der die Sündenschuld bezahlt, den Fluch getilgt, das Reich des Satans zerstört, die Hölle geplündert und auch dem Letzten Gnade und Seligkeit erworben hat. Der ist für dich. Er ist da. Er ist dein, freue dich über Ihn als über einen übergroßen Schatz.

3.) Darum gehören zu diesem Evangelium gläubige Seelen. Denn bei der Krippe des neugeborenen Jesu findet der Glaube alle Hände voll zu tun. Der Kern der evangelischen Botschaft von der Geburt unseres Erlösers besteht in dem Wörtlein: Euch, euch, euch ist heute ein Heiland geboren. Dieses Wort erfordert wirklich gläubige Herzen. Denn was hilft es mir, wenn jedermann einen Erlöser hat nur ich nicht und ich kann mir das in ihm geoffenbarte Heil nicht zu eigen machen. Es tröstet mich nicht, wenn ich weiß, dass das Volk Israel einen Heiland hat, dass Jakobus, Petrus, Johannes und andere an den Früchten der Geburt Jesu teilhaben, damit ist mein Herz nicht vergnügt, sondern das gibt mir erst große Freude, wenn ich weiß, dass mir ein Heiland geboren ist, dass alles was er mir gebracht hat mein ist, dass die durch Ihn erworbene Seligkeit mir selbst gehört. Da greift der Glaube zu, da wird er lebendig. Da ist er mit unter den Ersten die zu der Krippe Jesu laufen, ganz begierig das Kind zu bestaunen, zu herzen und zu empfangen:

Sei willkommen du edler Gast,
Den Sünder nicht verschmähet hast,
Und kommst ins Elend her zu mir,
Wie soll ich immer danken dir!

Das gibt echte, das bringt große Freude. Wer dies erkennt und glaubt, der würde vor lauter Freude außer sich sein und solche Empfindung nicht lange ertragen können.

4.) Ein solch munterer Glaube schafft ein gottseliges Herz. Er versetzt mein Herz in so einen Zustand, dass ich das Evangelium von der umfassenden Gnade Gottes in Christo Jesu nicht zur Sünde und Sicherheit missbrauche, sondern dass ich mich dadurch erwecken lasse zum Hass gegen die Sünde und zu einem rechten Fleiß der Heiligung. Darum nennt es Paulus ein Geheimnis der Gottseligkeit (1. Timotheus 3, 16). Darum schreibt er: Es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Menschen und züchtigt uns, dass wir verleugnen sollen das ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüste und züchtig, gerecht und gottselig leben in dieser Welt (Titus 2, 11+12). Das hat die ewige Liebe Gottes um mich verdient. Ein solcher Liebhaber meiner Seele ist es wert, dass ich ihm zuliebe die vergängliche Lust der Welt meide und dass ich mich ihm hingebe zu seinem ewigen Eigentum. Weil ein Erlöser da ist, so will ich nun kein Knecht der Sünde mehr bleiben. Weil dem Teufel die Macht genommen ist, so soll er mich in seinem Reich niemals mehr halten. Weil mein Heiland als ein Menschenkind geboren ist, so will ich nun eindringen in die neue Geburt aus Gott. Sein will ich sein, Ihn will ich annehmen, Ihm sollen alle meine Kräfte gewidmet sein. Je mehr man sich zu solchen gottseligen Entschließungen bringen lässt, umso größer wird die Freude über Jesus, je mehr kann sie sich in unseren Seelen ausbreiten.

Nun, so tretet ein in diese schöne Ordnung des Heils, damit ihr einer recht großen Freude fähig werdet. Wie schade wäre es, wenn ihr dieses Geburtsfest eures Erlösers wieder ohne große Freude vorübergehen lassen würdet, wenn ihr wieder einen Christtag ohne Christo halten wolltet. Das wäre ewig schade. Gewiss da sind unzählige Menschen, die so ein freudenreiches Evangelium hören und sich doch darüber nicht freuen. Wer dieses Feuer nicht anzündet, spricht Luther, wen dieser süße Wein nicht trunken macht, dass Christus unser Bruder, unser Fleisch und Blut ist, der zur Rechten Gottes sitzt, der ist in dem allerunseligsten Zustand, dessen Herz ist eiskalt und erstarrt.

Ihr, die ihr Jesum liebt, gebt dem Geburtsfest eures Heilands alle Ehre, seid recht fröhlich in seinem Heil. Lasst euch nur nicht einfallen, dass ihr heute traurig sein wollt. An einem erfreulichen Geburtstag eines Königs dürfen die Untertanen nicht trauern. Hängt keinem einzigen traurigen Gedanken nach. Nein freut euch in dem Herrn alle Wege und abermals sage ich euch, freut euch (Philipper 4, 4). Was kann euch die Sünde und der Tod tun, ihr habt bei euch den wahren Gott, lasst trotzen Teufel und die Hölle? Gottes Sohn ist worden euer Gesell. Euer Leib und Seele müssen sich heute freuen in dem lebendigen Gott. Denn es ist der Tag, den uns der Herr macht. Singt von ihm

Freude, Freude über Freude!
Christus wehret allem Leide.
Wonne, Wonne über Wonne!
Er ist die Gnadensonne.

 


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Biblischer Bezug
Lukas 2, 1-14: Lukas 2- Jesu Geburt
 
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Quelle

Evangelischer Glaubensgrund in der heilsamen Erkenntnis Jesu Christi aus den sonn-, fest- und feiertäglichen Evangelien.
In einem ordentlichen Jahrgang der darüber im Jahr 1752 gehaltenen Predigten, mit möglicher Kürze, Einfalt und Deutlichkeit dargetan von M. Friedrich Christoph Steinhofer, Pfarrer zu Zavelstein bei Calw.
Zehnte Auflage

Dok. ttnt420021 zuletzt aktualisiert: 04.12.2020


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