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Von der relativen zur absoluten Chronologie

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Beide Methoden der Chronologie haben ihre Bedeutung. Mit Hilfe der absoluten Chronologie lassen sich Ereignisse in Bezug zu unserer Denk- und Lebensweise bringen. Auch lassen sich mit ihrer Hilfe Ereignisse in Bezug zu Texten der Antike setzen, wenn es gelingt die relativen Datierungen der Texte und die relative Chronologie der Archäologie mit unserer Zeitrechnung, der absoluten Chronologie zu korrelieren. Allerdings gibt die relative Chronologie der Archäologie nur Auskunft darüber ob Artefakte von unterschiedlichen Ausgrabungsstätten aus der gleichen Epoche stammen. Die Fundstücke selbst sagen nichts über ihr Alter bemessen mit unserer Zeitskala aus. Was ein Anthropologe in Bezug auf Fossilien feststellte: „Fossilien tragen nicht von vornherein Etiketten (Hinweiszettel)“1 gilt ebenso für Artefakte, an denen „erst im Museum“ Schildchen mit ihrem (angenommenen) Alter angebracht werden.

Bild 4: Harmonisierung einer relativen Chronologie mit einer absoluten Chronologie

Um eine relative Chronologie mit einer absoluten Chronologie zu korrelieren bedarf es mindestens eines Fixpunkts der beide Chronologien verbindet. Was Bild 4 stark vereinfacht schematisch andeutet, ist in der Archäologie ein komplexes System aus unterschiedlichen Informationen. Zunächst bedarf es textlicher Quellen, die Aufschluss über Ereignisse und Personen mit zeitlichen Angaben (der Dauer zwischen Ereignissen) liefern.

Hier spielt eine zentrale Rolle ein ägyptischer Priester aus Sebennytos in Unterägypten mit Namen Manetho. Er lebte wahrscheinlich zur Zeit der Pharaonen Ptolemaios I. (367-282 v.Chr.), Ptolemaios II (308-246 v.Chr.) und Ptolemaios III. (284-222 v.Chr.). Näheres ist über sein Leben nicht bekannt2. Dieser Priester verfasste die Aegyptiaca, die „Geschichte Ägyptens von den ältesten Zeiten an bis zur makedonischen Eroberung“, die aber nicht mehr erhalten ist. Es existieren auch keine Abschriften des Werkes, sondern der Inhalt lässt sich nur an Hand anderer Werke des ersten bis achten Jahrhunderts n.Chr., die die Aegyptiaca in Auszügen wiedergeben oder nur zitieren, lückenhaft rekonstruieren3.

 

Bild 5: Ägyptischer Grabkegel vom Grab des Amenemhet, möglicherweise einem hohen Beamten zur Zeit des Amenophis III (18. Dynastie)

Nach dem was sich rekonstruieren lässt beschrieb das Werk Manethos die Geschichte Ägyptens indem er die Herrscher, die Pharaonen in einer Königsliste nacheinander auflistete. Er teilte die Liste in 30 Dynastien ein und jede Dynastie wurde mit der Benennung des neuen Königshauses eingeleitet, darauf folgten Name und Regierungsdauer eines jeden Herrschers. Auch manche Anekdoten und besondere Vorkommnisse beschrieb er. Manethos Königsliste ist heute noch immer die Grundlage der Ägyptologie, obwohl sie in vielen Punkten überholt ist.4

Die Liste der Pharaonen mit ihren zeitlichen Angaben Manethos5, die sich auf Grund der zeitlichen Nähe zu unserer Zeitrechnung (die Liste der Pharaonen lässt sich nach der Zeit Manethos bis in die Zeit der Römer fortführen) mit dieser korrelieren lässt, bildet damit heute quasi eine absolute Chronologie. Mit dieser werden die Pharaonen Ägyptens in unserer heutigen Zeitrechnung datiert.

Doch was haben die Pharaonen Ägyptens mit antiken Keramikgefäßen in Israel und den benachbarten Ländern zu tun? Wie bereits im vorangehenden Kapitel über die Chronologien erwähnt, lassen sich die Modetrends der damaligen Zeit über Ländergrenzen hinweg verfolgen. Besondere Kramiktypen wurden nicht nur in Ägypten gefunden sondern auch in allen anderen Ländern, mit denen Ägypten Handel trieb. Auch sind Keramikgefäße nicht die einzigen Fundstücke (Artefakte), die in archäologischen Ausgrabungen zu Tage kommen.

Bild 6a: Unterseite eines Skarabäus aus Israel mit der Namenskartusche des Pharao Thutmosis III. (18. Dynastie)

Bild 6b: Keramikform mit der Namenskartusche des Pharao Merenptah (19. Dynastie), daneben die besser sichtbare Namenskartusche auf einer großen Steinsäule aus dem Palast Merenptahs6

Bei vielen archäologischen Ausgrabungen werden neben den Alltagsgegenständen wie Keramikgefäßen auch Schmuckgegenstände wie z.B. Skarabäen7 gefunden (vgl. Bild 6a). Solche Skarabäen tragen teilweise auf einer Seite kleine Inschriften mit der Namenskartusche eines Pharao. Wenn solche Funde gemacht werden, lässt sich eine direkte Beziehung zur „absoluten“ Chronologie der Pharaonen herstellen. Aber auch ohne solche Funde von Inschriften ist die relative Chronologie der archäologischen Epochen eng verzahnt mit der Liste der Pharaonen des Manetho. Denn die Keramikfunde in Ägypten stehen in Bezug zu den vielen Inschriftenfunden in den Palästen der Pharaonen und vor allem in ihren häufig pompösen Grabanlagen.

Die eingangs erwähnten Etiketten an Artefakten werden demnach erstellt, indem Fundstücke durch Vergleich mit bekannten Stücken von anderen Orten einer archäologischen Epoche zugewiesen werden. Die archäologischen Epochen sind durch die Zusammenhänge der ägyptischen Geschichtsschreibung mit der Liste der Pharaonen des Manetho verknüpft,

Artefakte ⇒ Inschriften ⇒ Pharaonen ⇒ Liste der Pharaonen ⇒ Datum (X Jahre v.Chr.)

die wiederum als Basis mit der absoluten Chronologie (unserer Zeitrechnung) zusammenhängt.

 

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Inhalt

  1. Einleitung
  2. Zeit und Datierung
  3. Chronologie
  4. Von der relativen zur absoluten Chronologie
  5. Biblische Chronologie
  6. Von der biblischen (relativen) zur absoluten Chronologie
  7. Konventionelle Chronologie vs. Revidierte Chronologie
  8. Gegenüberstellung der Chronologien
  9. Zusammenfassung
  10. Literatur
  11. Anhang

 


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Quellen und Anmerkungen

1 Peter Schmid (Anthropologisches Institut und Museum der Universität Zürich-Irchel): Eine Rekonstruktion des Skelettes von A.L. 288-1 (Hadar) und deren Konsequenzen. Folia Primatol 1983;40:283–306

2 https://de.wikipedia.org/wiki/Manetho, zuletzt geprüft am 05.08.2017

3 https://de.wikipedia.org/wiki/Aegyptiaca_(Manetho), zuletzt geprüft am 05.08.2017

4 https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Pharaonen, zuletzt geprüft am 05.08.2017

5 Auf Manetho geht die bis heute gebräuchliche Einteilung der ägyptischen Geschichte vor der Ptolomäerzeit in 31 Dynastien (31. Dynastie in der Perserzeit) zurück. Der Turiner Kanon, benannt nach seiner Aufbewahrung im ägyptischen Museum Turin, ist ein fragmentarisches Papyrusdokument, das die Pharaonen bis zum Anfang des Neuen Reiches einschließlich ihrer Regentschaftslängen auflistet. Er stammt aus der Regierungszeit Ramses II. (Peter van der Veen / Uwe Zerbst: Das Problem: Die Archäologie Palästinas und die ägyptische Chronologie. Seite 15 [van der Veen, Zerbst 2003])

6 Die Säule aus dem Palast Merenptahs befindet sich heute im Museum University of Pennsylvania Museum of Archaeology and Anthropology; Quelle zuletzt geprüft am 05.08.2017; https://en.wikipedia.org/wiki/University_of_Pennsylvania_Museum_of_Archaeology_and_Anthropology

7 Skarabäen (Darstellung des Pillendreher-Käfers oder Mistkäfers) sind kleine, oft nur 1-2 cm große Kettenanhänger oder Einsätze für Ringe, die auf ihrer Unterseite entweder geometrische Verzierungen oder teilweise auch Inschriften in Form einer Namenskartusche trugen.

Dok. abzd000000 zuletzt aktualisiert: 26.08.2019